Eigenbedarfskündigung

So können Sie sich gegen Eigenbedarf wehren

Hilfe und Infos für Mieter, die eine Kündigung wegen Eigenbedarfs bekommen haben.

Auch Mieter, die immer pünktlich zahlen und sich auch sonst ordentlich verhalten, kann eine Kündigung des Mietvertrags drohen, wenn der Vermieter Eigenbedarf anmeldet. Eine Eigenbedarfskündigung ist dabei aber an Bedingungen und Fristen geknüpft. Werden diese oder die formalen Anforderungen nicht eingehalten, kann der Mieter der Eigenbedarfskündigung widersprechen. Nach unserer Erfahrung sind Eigenbedarfskündigungen in etwa 70 % der Fälle unzulässig – weil der angegebene Bedarf nicht hinreichend ist, die betroffene Person keine privilegierte Bedarfsperson ist, ein Härtefall vorliegt, die formalen Vorschriften nicht eingehalten wurden oder der Eigenbedarf vorgetäuscht wurde. Oft kommt es hier auf Details und juristische Feinheiten an. Daher sollten sich Mieter, die von einer Eigenbedarfskündigung betroffen sind, juristisch beraten lassen.

Wir erklären hier die wichtigsten Aspekte der Eigenbedarfskündigung. Für Mitglieder unseres Mietervereins bieten wir die juristische Prüfung der Eigenbedarfskündigung kostenlos an.

Ihr Vermieter meldet Eigenbedarf an?

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Eigenbedarfskündigung: Gründe

Für eine Eigenbedarfskündigung muss der Vermieter 2 Bedingungen erfüllen und das auch konkret in seinem Kündigungsschreiben benennen:

  1. Es muss ein konkreter Anlass vorliegen.
  2. Der Anlass muss eine privilegierte Bedarfsperson betreffen.

Als Anlass kommen beispielsweise geänderte familiäre Verhältnisse (v.a. Hochzeit, Scheidung, Geburt oder Auszug von Kindern), Bedarf an einer rollstuhlgerechten Wohnung, Platzbedarf für eine Pflegekraft oder einen zu pflegenden Angehörigen, ein Arbeitsplatz in der Nähe der Wohnung oder der Verlust der bisherigen Wohnung infrage.

Privilegierte Bedarfspersonen sind – neben dem Eigentümer selbst – in der Regel nur

  • Lebenspartner und Ehepartner,
  • Kinder, Enkelkinder und Stiefkinder,
  • Eltern, Schwiegereltern und Großeltern sowie
  • Geschwister.

Weitere Verwandte oder Freunde kommen nur in Ausnahmefällen als Bedarfspersonen in Frage.

 

Kündigungsfrist bei Eigenbedarf

Für die Eigenbedarfskündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen für Mietverträge. Die Kündigungsfrist bei Eigenbedarf beträgt daher – etwas vereinfacht – normalerweise 3 Monate und verlängert sich nach 5 und 8 Jahren Mietdauer jeweils um 2 Monate. Sind im Mietvertrag längere Fristen vereinbart, gelten diese.

Eigenbedarfskündigung nach Kauf

Wer eine vermietete Eigentumswohnung kauft, tritt mit dem Kauf in den Mietvertrag ein. Der neue Eigentümer ersetzt dabei nur den alten Eigentümer als Vermieter und übernimmt alle Rechte und Pflichten von diesem.

Eine Eigenbedarfskündigung nach dem Kauf einer Wohnung oder eines Hauses ist erst nach der Eintragung ins Grundbuch möglich. Der neue Eigentümer kann also beispielsweise nicht direkt nach dem Notartermin eine Eigenbedarfskündigung aussprechen. Auch eine "vorauseilende" Eigenbedarfskündigung durch den alten Vermieter ist nicht möglich. Unter Umständen muss sich der Käufer sogar noch an eine Kündigungssperrfrist halten:

Kündigungssperrfrist für Eigenbedarfskündigung nach Umwandlung in Eigentumswohnungen

Ein Sonderfall der Kündigungsfrist bei Eigenbedarf gilt, wenn während der Mietdauer des aktuellen Mieters ein bisher rechtlich als Einheit angesehenes Mietshaus in Eigentumswohnungen umgewandelt wurde. In diesem Fall gilt nach § 577a BGB eine Kündigungssperrfrist, wenn die
Wohnung erstmals verkauft wird.

Die Kündigungssperrfrist beträgt grundsätzlich 3 Jahre, in Orten mit angespanntem Wohnungsmarkt kann die Landesregierung diese Frist aber auf bis zu 10 Jahre verlängern. Das ist in vielen großen deutschen Städten und auch einigen kleineren Gemeinden im Umland der Fall, unter anderem in Berlin, Hamburg, München, Köln, Stuttgart, Frankfurt am Main, Nürnberg, Augsburg, Karlsruhe, Wiesbaden, Hannover, Braunschweig, Dortmund und Düsseldorf.

Gut zu wissen: Bei der Umwandlung in Eigentumswohnungen hat der Mieter auch ein Vorkaufsrecht.

 

Gegen Eigenbedarf wehren

Wenn sich der Mieter gegen die Eigenbedarfskündigung wehren will, muss er der Kündigung mindestens 2 Monate vor dem (im Kündigungsschreiben genannten) Ende des Mietverhältnisses widersprechen. Gute Erfolgsaussichten hat der Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung v.a. in folgenden Fällen:

  • Das Kündigungsschreiben enthält formelle Fehler, beispielsweise falsche Empfänger oder Absender oder eine fehlende Begründung des Eigenbedarfs.
  • Der angegebene Anlass des Eigenbedarfs entspricht nicht den rechtlichen Anforderungen.
  • Die angegebene Bedarfsperson zählt nicht zum privilegierten Personenkreis.
  • Der Vermieter hätte andere Alternativen, beispielsweise eine weitere, freistehende Wohnung im selben Haus.
  • Der Eigenbedarf ist nur vorgetäuscht.
  • Es liegt ein Härtefall nach § 574 BGB (Härteklausel/Sozialklausel) vor.

Was genau ein Härtefall ist, wird in der Rechtsprechung nicht immer einheitlich gehandhabt und hängt nicht zuletzt auch von der Situation des Vermieters ab. Folgende Beispiele können im Einzelfall einen Härtefall darstellen, der einen Widerspruch gegen den Eigenbedarf begründen kann:

  • Der Mieter hat keine Möglichkeit, unter zumutbaren Bedingungen einen Ersatz zu finden.
  • Eine bevorstehende Abschlussarbeit oder Abschlussprüfung, z.B. im Studium
  • Schwangerschaft, schwere Krankheit (auch psychisch), Behinderung oder Gebrechlichkeit
  • Für die Kinder unzumutbarer Schulwechsel
  • Selbstmordgefahr

Darüber hinaus kann es noch weitere Gründe für einen Härtefall geben.

Schon alleine der Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung an sich bringt viele Vermieter dazu, von der Kündigung Abstand zu nehmen. Das liegt zum Einen daran, dass sich eine Räumungsklage sehr lange hinziehen kann und der Eigenbedarf ja in der Regel akut ist. Der Vermieter bekommt auf dem freien Markt daher oft schneller eine geeignete Wohnung als durch eine Klage. Zum Anderen ist mit der Räumungsklage auch ein großes Risiko für den Vermieter verbunden. Bei einer Niederlage bleibt er auf den Prozesskosten sitzen. Und selbst wenn er Recht bekommt, hat er bei weniger zahlungskräftigen Mietern meist Schwierigkeiten, Gerichts- und Anwaltskosten sowie ggf. Schadensersatz einzutreiben. Macht der Vermieter vor Gericht falsche Angaben zum Eigenbedarf, kann das außerdem zu einer Anklage wegen Prozessbetrugs führen.

Gut zu wissen:

  • Fällt der Grund für die Eigenbedarfskündigung weg, bevor der Mieter auszieht, hat er die Wahl, ob er den Mietvertrag fortführen will oder nicht.
  • Stellt sich nach dem Auszug des Mieters heraus, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben war, kann er vom bisherigen Vermieter Schadensersatz fordern, beispielsweise für Umzugskosten oder eine höhere Miete.